Von Helsinki nach Riga

11. Juli: mit der Fähre von Helsinki nach Tallinn

Wir verlassen Helsinki mit der Fähre und geniessen die Aussicht vom Meer her. Nach einigen Minuten fahren wir an der Festung Suomenlinna vorbei. Diese diente im 18. Jahrhunder den Schweden, die Finnland beherrschten, als Verteidigung gegen die Russen.

Die Sitzplätze auf der Fähre sind rar, da kaum jemand für die kurze Überfahrt eine Koje gebucht hat. Wir ergattern aber einen Hocker und die 2.5 Stunden vergehen dank feinen Sandwiches und Büchern schnell.

12. bis 14. Juli: Tallinn

Tallinn gefällt uns vom ersten Augenblick an. Die Stadt beherbergt viele schöne Häuser und es hat bequeme Cafés mit feinem Kuchen zu vernünftigen Preise. Der Einfluss von Deutschland ist bemerkbar und das Brot schmeckt wieder nach Brot und hat eine Kruste. Die schöne Stadt lockt aber auch viele Touristen an und während des Tages sind die Gassen voll. Viele Touristen verbringen jedoch nur einen Tag in der Stadt und reisen abends mit dem Schiff weiter. So leert sich die Stadt jeweils wieder ein wenig… Wir sind froh, dass wir nicht gleich wieder abreisen müssen und geniessen die Tage.

Wir erklimmen den Domberg Toompea und blicken auf die Altstadt.
Ein Blick über die Dächer von Tallinn.
Die Alexander Nevsky Kathedrale befindet sich auf dem Domberg.

Am ersten Tag beglückt uns die Sonne noch ein wenig. Die restliche Zeit regnet es.

Schöne Häuserfronten zieren die Altstadt.
Neu renovierte Fassaden verschönern das Stadtbild.

14. Juli: von Helsinki nach Paldiski, 60 km

Wir decken uns mit einem frischen Brot ein und fahren bei Sonnenschein los. Leider bläst der Wind wieder einmal stark, und in die falsche Richtung. So bleibt es den ganzen Tag kühl und wir erwärmen uns nur aufgrund der Anstrengung.
Die Radwege hier in Estland sind aber mehrheitlich gut und super beschildert. Die Schilder und teilweise auch die separaten Radstreifen wirken neu und wir erfreuen uns an der Investition des Landes. Einzig die Strassenabsätze und -ränder haben noch Potenzial. Diese sind oft sehr steil und nicht angeschrägt. Die Aussicht ist oft schön und wir erhaschen immer wieder einen Blick auf einsame Strände.

Aus Tallinn führen separate Radwege.
Wir werden von schönen Wegen und Landschaften verwöhnt.

Die Nacht verbringen wir in einem kleinen Hostel in Paldiski. Hier hatten die Russen während des Kalten Krieges einen Militärstützpunkt und das Dorf beherbergt noch heute viel Militär. Im Hostel erleben wir einen kleinen Vorgeschmack auf die Reise nach Osten: Das Zimmer hat kein Fenster, ist muffig, die Gemeinschaftstoiletten sind eklig und für einen sicheren Platz für die Velos bezahlen wir extra.

Die Verkäuferin im Konsum ist das Highlight des Tages. Sie nutzte die Konsumkarte der nachfolgenden Kundin, damit wir in den Genuss des Rabattes kamen.
15. Juli: von Paldiski zum Peraküla Strand, 61 km

Aufgrund der Dunkelheit im Kellerzimmer schlafen wir lange… Anschliessend fahren wir oft auf der Hauptstrasse, auf einem eher schmalen Radstreifen und durchqueren viele Wälder und kleine Dörfer.

Auch schöne Kirchen säumen unseren Weg.

Manchmal gleicht der Radweg aber auch einer Schotterpiste und wir kommen nur langsam voran.

Der Weg ist schön aber aufgrund des losen Schotters eher mühsam.

Die Nacht verbringen wir auf einem einfachen Zeltplatz der staatliche Behörde RMK (Riigimetsa majandamise keskus). Dieses «Waldmanagementzentrum» unterhält Campingplätze im ganzen Land und stellt Plumsklos und teilweise Feuerholz zur Verfügung, damit nicht überall wild gezeltet wird. Unser Platz befindet sich direkt am Strand und da wir mit unserer Wasserpumpe nur Süsswasser reinigen können, haben wir uns in Tallinn einen Benzinkanister gekauft, in dem wir nun fünf Liter Wasser transportieren.
Der Strand ist schön, doch das Meer ist immer noch sehr kalt. Im Gegensatz zu den Finnen und Schweden, scheint dies die Esten zu stören und sie baden kaum. Der Zeltplatz ist ziemlich gross und in dieser Samstagnacht sehr gut besucht. Wohl ein Ersatz für alle, die sich keine eigene Datscha leisten können.

Der Strand ist lang und gefällt uns sehr.

16. Juli: vom Peraküla Strand nach Haapsalu, 55 km

Der Wind hat nachgelassen und wir geniessen den Morgen noch am Strand und baden.

Wir verbringen den Morgen noch am Strand.

Auf dem Velo wird es am Nachmittag sogar richtig heiss! Die Strassen sind heute gefüllt mit Sonntagsausflüglern, die ihren amerikanischen Oldtimer ausfahren.

Die Esten fahren am Sonntag ihre schicken Autos aus.

Wir besichtigen das Städtchen Haapsalu, das schmuck, aber leider voller Verkehr ist.

In Haapsalu hat es viele alte, schön renovierte Häuser.
Haapsalu ist bekannt für seine gut erhaltene Burgruine.

Danach wollen wir noch unsere Vorräte auffüllen, bevor wir das Festland verlassen. Nachdem wir wochenlang den Brennsprit für unseren Kocher im Supermarkt gekauft haben, wird der Kauf plötzlich zu einem Problem. Die Verkäuferin wird von Kunden mit Englisch- und Fachkenntnissen unterstützt, doch wie es scheint, gibt es in Estland keinen Brennsprit zu kaufen. Wir erwerben schliesslich 80-prozentigen Vodka, der bestimmt auch brennen wird, aber das zwanzigfache kostet.
Zurück im Zelt erleben wir zum ersten Mal die Mückenplage, die wir bereits in Schweden erwartet haben. Dank des Windes blieben wir bisher verschont, doch heute greifen uns die Biester regelrecht an und stechen durch zwei Schichten Kleider hindurch. Neben unserem Zelt kommt schliesslich auch noch das Sauna-Saufen in die Gänge und die Zwei-Liter-Bierflaschen werden massenweise geleert. Da helfen auch die Silikonohrenstöpsel nicht mehr…

17. Juli: von Haapsalu nach Mangu, 50 km

Wir pedalen auf der Hauptstrasse zur Fähre nach Hiiumaa und der strömende Regen wäscht unsere Velos sauber. Andere Radfahrer triefen vor Schmutz, da sie ohne Schutzbleche auf dem Waldweg unterwegs waren.
Dank des Internets auf der Fähre finden wir schliesslich auf der Firmenhomepage unseres Kochers das richtige Wort für Brennsprit auf Estnisch. So setzen wir die Suche auf der Insel fort, haben aber wiederum keinen Erfolg. Hinweise führen uns in eine Apotheke oder in eine Autowerkstatt.

Nicht alle Traktoren sind so alt…
Nun ist es auch hier Zeit, das Heu (nicht das Emd!) einzufahren.

Wir übernachten auf einem landschaftlich schönen Zeltplatz am Meer. Leider sind die sanitären Anlagen in unseren Augen noch im Rohzustand und vom Meer her stinkt es nach Kläranlage. Es seien die Algen, die so riechen, wird uns mitgeteilt.
Da er begeistert ist von unserer Reise, versüsst uns Peter aus Mainz den Abend mit einer Flasche Wein. Wir geniessen diesen sehr und schlafen schon früh.

18. Juli: Takhuna Halbinsel, 40 km

Wir versuchen den Geruch zu ignorieren und bleiben noch einen Tag. Die generelle Lage des Campings und im Speziellen die Lage unseres Zeltes gleich neben der benutzbaren Küche ist zu verlockend. Seit wir keinen Brennsprit mehr haben, kochen wir gerne in den Gemeinschaftsküchen.
Wir erkunden die Halbinsel Takhuna und besichtigen den Leuchtturm.

Der Takhuna-Leuchtturm am Norden der Insel.
Nordküste von Takhuna.

Die Strände sind schön und einsam. Leider bläst der Wind immer noch stark und unser Mittagessen wird sofort paniert. Dieses besteht wie meist aus einem harten Käse, der keinen Kühlschrank benötigt (oft Parmesan), Salami, Brot, Senf und Tomaten, Gurke oder Avocado. Wenn noch Pommes Chips vom Vorabend übrig sind, packen wir diese auch gerne ins Sandwich.

Wunderschöne, leere Strände – nur leider bläst der Wind immer noch stark.
Manchmal wäre ein Mountainbike ganz praktisch… Unsere Velos meistern aber auch die Sandwege ganz gut.
19. Juli: von Mangu zum Kalustra Strand, 47 km

Wir füllen Wasser und Vorräte auf und suchen den schönen Strand auf der Südseite der Halbinsel Kõpu.

Idyllische Wege führen uns zum Strand.

Wir erhoffen uns einen schönen RMK-Camping, der nicht dem Nordwestwind ausgesetzt ist – und werden nicht enttäuscht. Wir montieren endlich einmal unsere Bikinis und flätzen uns in unsere bequemen Stühle. So ist Zelten wunderbar! Leider wird es am Abend trotzdem wieder sehr schnell kalt, sobald die Sonne hinter den Bäumen verschwindet. Wir sind erstaunt, wie viele Esten erst bei Sonnenuntergang eintreffen und den Platz am Morgen früh bereits wieder verlassen.

Wir geniessen die Sonne in vollen Zügen.
Wieder haben wir eine wunderbar Aussicht vom Zelt.
Wir geniessen den Spaziergang am Meer entlang.
20. Juli: vom Kalustra Strand nach Sinima, 56 km

Wir umkurven die Halbinsel Kõpu und fahren auf sandigen Waldwegen, holprigen Strassen und schliesslich auf der Hauptstrasse. Am äussersten westlichen Zipfel von Hiiumaa trinken wir in der Nähe des Leuchtturms einen wunderbar starken und heissen Cappuccino.

Auch die Esten haben schöne Ferienhäuser.

21. Juli: von Sinima zum Tuhkana Strand, 43 km

Die Nacht ist mit 7°C wieder einmal kalt und unser Zelt am Morgen innen klitschnass. Wir lassen uns Zeit, dass es an der Sonne trocknen kann und nehmen zuerst die Kaffeemaschine in der Küche in Betrieb. Dann müssen wir aber los, um die Fähre nach Saaremaa zu erwischen.

Wir warten auf die Fähre.

Die ruhige Überfahrt können wir wieder zum Planen der nächsten Tage nützen und gleichzeitig das iPad an der Steckdose aufladen.
Auf Saaremmaa radeln wir erst einige Kilometer, als wir auf ein Restaurant mit Mittagsbuffet treffen. Da unsere Mägen bereits wieder knurren, nehmen wir das Angebot für 6.90 Euro gerne an und schlagen uns die Bäuche voll. Anschliessend fällt aber das Radfahren ziemlich schwer… Wir machen trotzdem einen kleinen Umweg zu den Windmühlen von Angla, bevor wir an den Strand zum RMK-Zeltplatz fahren.

Diese Windmühlen sind in Estland eine Touristenattraktion.

Das Meer ist an diesem Strand etwas wärmer, doch der Wind kühlt uns schnell ab, sobald wir das Wasser verlassen.
Wir nützen das bereit gestellte Feuerholz, um unser Znacht zu kochen. Leider haben wir keine Würste zum Bräteln eingekauft.
Der Zeltplatz ist eher klein und wird unerwarteterweise nicht gefüllt, obwohl Freitag ist. Dies verdanken wir wahrscheinlich dem kurzen Fussweg, der vom Autoparkplatz an den Strand führt. Die Zwei-Liter-Bierflaschen müssten ja zum Zelt getragen werden…
Wir geniessen den Abend am Strand sehr und sind ein weiteres Mal begeistert von der staatlichen RMK, die solch schöne Plätze unterhält.

Am Abend haben wir auch diesen Strand für uns!

22. Juli: vom Tuhkana Strand nach Abula, 51 km

Nach wenigen Kilometern treffen wir auf einen Verkaufsstand mit feinem Senf und frischem Kaffee. Gerne kosten und kaufen wir einen Senf und trinken einen Kaffee. Wir unterhalten uns gut mit der deutschen Besitzerin und erfahren, dass auf dem Campingplatz, auf dem wir heute übernachten möchten, ein Motorradfestival stattfindet. Am Wochenende sei es sowieso immer schwierig, einen Platz auf einem Camping zu finden, da diese oft von Gruppen gebucht werden, meint sie. Das Gespräch wird schliesslich durch ein Lied der «Toten Hosen» unterbrochen – ihr Handy klingelt. Wir fahren weiter zur Steilküste von Panga, die uns nicht sehr beeindruckt. Wir geniessen aber auf dem schönen Gelände unsere estnische Lieblingsglacé.

Die Küste ist zwar steil aber nicht sehr beeindruckend.
Neben der feinen Glacé gefällt uns in Panga auch die Sonnenuhr.

Da wir uns nach einer Dusche sehnen, rufen wir bei einem Feriendorf an und fragen, ob sie noch Platz für ein Zelt haben. Wir haben die Anzeige in einem Werbeheft gesehen und rechnen mit einer grossen Anlage. Nach dem ersten Kontakt auf Estnisch ruft eine nette Dame zurück und nach mehreren Telefonaten kann sie bestätigen, dass Platz vorhanden ist. Wir finden die Ferienanlage nach einigem Suchen. Diese ist gross, aber praktisch leer. Wir sind zuerst etwas erstaunt und beinahe misstrauisch, finden jedoch dann heraus, dass die Anlage vom (reichen) Besitzer kaum benutzt wird und er bisher den Aufwand scheute, diese im grossen Stile zu vermieten. Warum die Werbung geschaltet wurde, bleibt ein Rätsel. Wir geniessen aber die Ruhe und das lokale Bier auf dem sonnigen Platz. Auf Saaremaa gibt es viele kleine Brauereien, die feines Bier produzieren.

Unser Zelt steht auf dem 6-Hektar-grossen Zeltplatz.
23. Juli: von Abula nach Tehumardi, 66 km

Nach der ruhigen, aber kalten Nacht geniessen wir den warmen Morgen. Weiterhin umrunden wir die Insel und halten vergeblich nach Elchen und Orchideen Ausschau. Wir erfahren schliesslich, dass die Blüte des Frauenschuhs bereits vorbei ist – schade. Dafür geniessen wir schöne Aussichten und endlich warmes Wetter. Die Strassen flimmern und das Baden ist zum ersten Mal eine wohltuende Abkühlung!

Immer wieder bietet sich ein schöner Blick auf das Meer an…
Das 21 m hohe, abgebrochene Schwert steht als Denkmal für eine wilde Schlacht zwischen den Russen und den Deutschen während des 2. Weltkrieges. Selbstverständlich sind nur die Russen verewigt.
24. Juli: Sõrve Halbinsel, 75 km

Wir bleiben noch einen Tag auf dem schönen und ruhigen Zeltplatz in Tehumardi. Aus der kleinen Radtour wird dann schliesslich die Umrundung der Halbinsel Sõrve, doch ohne Gepäck fährt es sich auf den einigermassen guten Strassen unglaublich schnell. Die Insel ist generell sehr flach und ein Schild warnt uns vor einer Steigung von 9 Prozent. Als diese nach 30 Metern bereits zu Ende ist, sind wir trotzdem etwas erstaunt über die Warnung…

Mit Blick auf das Meer radeln wir südwärts.

Wir fahren bis zum südlichen Leuchtturm und sehen von dort die Kolka-Küste von Lettland. Leider wurde der Fährbetrieb vor einigen Jahren eingestellt und wir müssen über das Festland nach Riga fahren.

25. Juli: von Tehumardi nach Kõljala, 56 km

Wieder ein strahlender Morgen und wir verabschieden uns von den Schweizer Bekannten. Seit langem haben wir wieder einmal Leute aus der Heimat getroffen – auf dem Platz sind drei Camper mit CH-Kennzeichen und besonders Martina geniesst das Sprechen in breitem Berndeutsch.
Schliesslich radeln wir nach Kuressaare. Manchmal sind Reiseführer ganz nützlich, auch wenn sie Lonely Planet heissen. Jedenfalls finden wir eine wunderbare Konditorei und geniessen ein 2. Frühstück inklusive Cappuccino.

Für Ursula Streuselkuchen mit Quark, für Martina Rhabarberschnittchen und ein Schlüferli; macht zusammen 6 Euro!

Nach der Besichtigung des Schlosses geniessen wir gleich noch ein feines Menu, da auf dem vorgesehenen Campingplatz keine Küche vorhanden ist.

Die Burg von Kuressaare ist eine der am besten erhaltenen Bischofsburgen im Baltikum.
Altes Gebäude im angrenzenden Burgpark.
Viele Restaurants mit schönen Fassaden sehen wir in Kuressaare.

Wir machen noch einen kleinen Umweg, um im grossen Rimi-Supermarkt unsere Lieblingskonfitüre zu kaufen und sehen im Shoppingzentrum die Werbung einer grossen Apotheke. Da dies ein Tipp für den Kauf von Brennsprit war, wagen wir einen Versuch. Die Türe unter der Werbung führt in einen Laden mit Farben. Also falscher Eingang – aber halt, warum nicht? Wir strecken den Zettel mit dem estnischen Ausdruck hin und der Verkäufer geht immerhin zu einem Gestell und schaut nach. Leider habe er das Produkt nicht, aber vielleicht sei es im Laden gegenüber erhältlich. Natürlich lassen wir auch diesen Hinweis nicht unversucht und betreten den Tehnika. Der Eingangsbereich ist voller elektrischer Geräte und wir denken bereits, dass wir das eher schlechte Englisch des Verkäufers falsch verstanden haben. Trotzdem fragen wir nach und können es kaum glauben, als die Verkäuferin auf eine Flasche zeigt. Die Aufschrift lautet zwar anders als auf unserem Zettel und auf der Etikette ist ein Malerpinsel abgebildet, aber die Verkäuferin versichert uns, dass das Produkt eine kleine Flamme erzeugt. Wir sind noch etwas misstrauisch, investieren aber die 3 Euro – und jubeln am Abend, als das Wasser kocht. Wir stellen das Bier in den Kühlschrank und trinken trotz des erstmaligen warmen Abends gerne heissen Tee. Den Vodka, den wir als Ersatz gekauft haben, können wir dann auch noch trinken…

Wir besuchen noch den Meteoritenkrater bei Kaali. Dieser ist der achtgrösste der Welt.
26. Juli: von Kõljala nach Kuivastu, 69 km

Wir frühstücken mit unseren deutschen Zeltnachbarn, von denen einer nordwärts und einer südwärts fährt und tauschen Tipps aus.
Die Mittagspause verbringen wir zusammen mit einigen Ringelnattern bei einem schönen Badeplatz am Meer. Es ist für einmal heiss, doch Martina lässt sich von den Schlangen vom Baden abhalten.

Als wir bei unserem Rastplatz ankommen vertreibt Ursula die Möwen.
Die warmen Sonnenstrahlen scheinen auch anderen zu gefallen…
… und nachdem Martina diese Ringelnatter gesichtet hat, verzichtet sie auf das Baden.

Wir verlassen schliesslich die Insel Saaremaa und fahren über den Damm nach Muhu. Auch dort gibt es leckere Craft Biere und erneut ist der Campingplatz praktisch leer und sehr ruhig. Unsere einzigen Nachbarn sind ein älteres Paar aus dem Appenzell.
Wir geniessen es wieder in vollen Zügen, mit unserem Trangiakocher zu kochen. Unsere Küche besteht aus den zwei vorderen, kleinen Saccochen und enthält verschiedene Stoffsäcke mit Gewürzen, Frühstückzutaten, Süssem und Reserven und natürlich Balsamico, Öl und Sojasauce. Die Thermoskanne leistet grosse Dienste, wird aber immer noch mit heissem Tee gefüllt und nie mit kaltem Wasser. Die Flasche eignet übrigens auch gut als Wallholz.

Unser geliebter Trangiakocher lässt sich mit Brennsprit oder Alkohol befeuern.
In unserer Küche hat alles seine Ordnung. Der Benzinkanister voller Wasser leistet sehr gute Dienste.
Mmmhh
Standard-Zmorge mit Müesli, Kaffee und Schnitteli.
27. Juli: von Kuivastu nach Tõstamma, 56 km

Am Morgen nehmen wir die Fähre zurück auf das Festland.

Die Fähre ist bereit zum Beladen.

Anschliessend pedalen wir südwärts, teilweise auf staubigen Schotterstrassen.

Auf dem schmalen Damm ist das Kreuzen mit Autos eng.
Die Schotterstrassen führen zu sehr staubigen Velos…

Die Autos brettern in hoher Geschwindigkeit an uns vorüber und hinterlassen eine grosse Staubwolke. Wir begegnen aber heute auf dem Weg vielen Tourenfahrern und essen mit einem Deutschen an einem bequemen Rastplatz Mittag. Die Dörfer, die wir passieren sind meist klein und die Häuser oft schäbige Blockbauten. Hoffentlich sieht es innen besser aus! Am Abend wäscht der Regen zumindest einen Teil des Staubes von unseren Rädern.

28. Juli: von Tõstamma nach Pärnu, 56 km

Zum dritten Mal treffen wir nun Dominic aus Hamburg und radeln zusammen mit ihm nach Pärnu. Dank des angeregten Gespräches empfinden wir den Wind nicht als stark, obwohl er teilweise heftig entgegen unserer Richtung bläst.
Wir beziehen unsere Airbnb-Wohnung und geniessen nach zwei Wochen im Zelt den vollen Komfort mit Bett, Küche, Badezimmer – inklusive Waschmaschine. Das Meer liegt auch gleich vor der Tür, nur getrennt durch eine Herde des Projektes «Stadtkühe», die sich am Strand suhlt und das Schilf frisst.

Die Urban-Cows waten durch das sumpfige Gelände.
Das Meer ist gleich vor unserer Airbnb-Haustür.
Ausblick vom Strandturm.
Zusammen mit den Kühen geniessen wir die letzten Sonnenstrahlen.

Getoppt wird das ganze durch das frische Brot und die unglaublich feinen Gipfeli vom Supermarkt: ein knuspriges Rustico-Laugengipfeli, wie es uns auch in der Schweiz begeistern würde.

29. und 30. Juli: Pärnu

Nach einem Gipfeli-Zmorge beantragen wir eine Verlängerung der Unterkunft bis am Montag – und haben Glück und können bleiben. Pärnu gefällt uns unerwarteterweise sehr gut. Wir haben mit einem poshen, von Russen überfluteten Touristenort gerechnet und befinden uns nun in einem gemütlichen Städtchen mit vielen Cafés und einem schönen Strand. Dieser ist zwar trotz des bewölkten Wetters überfüllt, aber wir haben ja unseren kleinen Kuhstrand, wo sogar Martina heute badet.

Im Hintergrund sieht man die lutheranische Sankt Elisabeth-Kirche.
Die Sankt Kathrin-Kirche befindet sich gleich neben dem Tourist office.
Gemäss dem Reiseführer ist dies die Christi Verklärungskirche der orthodoxen Kirchen in Pärnu…

Heute können wir viel erledigen, zum Beispiel das Projekt «Fotos brennen». Estland lobt sich der breiten WLAN-Abdeckung (E-stland) und Internet-Cafés gibt es natürlich keine. WLAN hatten wir tatsächlich an vielen Orten, an denen wir es nicht erwarteten, einige Male dafür nicht an Orten, an denen wir es erwarteten… Nun suchen wir aber einen öffentlichen Computer, um eine Sicherheitskopie der Digitalfotos zu erstellen. Die Dame im Fotogeschäft meint, es sei möglich, aber erst bis Montag. Auf unser Drängen hin, verspricht sie, es zu versuchen. Als wir nach einer Stunde (drei Kuchenstücke und zwei Cappuccinos) zurückkommen, sind die DVDs noch leer. Wir bemerken erst jetzt, dass sie den Compi nicht beherrscht und wagen es, sie zu unterstützen. Sie nimmt die Hilfe gerne an, und gibt zu, dass sie nur als Aushilfe hier ist. In kurzer Zeit sind unsere Fotos gesichert und sie bedankt sich für die Lehrstunde.

Auf dem Weg durch die Stadt kommen wir an vielen, schönen Holzhäuserrn vorbei. Dieses gefällt Martina besonders gut.

Der Sonntag startet mit vielen grauen Wolken, doch wir wünschen uns nichts mehr als den ersten, richtigen Strandtag. Mit dem Bikini im Rucksack marschieren wir am Strand entlang in die Stadt. Gegen 16 Uhr zeigt sich endlich die Sonne und wir nehmen ein Bad in der Ostsee. Wir sind wieder einmal erstaunt, wie wenig Salz dieses enthält. Den richtigen Strandtag müssen wir aber definitv auf später verschieben, wenn wir dann mal Sommer haben. So in Thailand oder Indonesien…

Endlich zeigt sich die Sonne und wir hüpfen gleich ins Wasser.

Der Wind bläst noch immer stark, den Kite-Surfendenen gefällts, uns wird es rasch zu kühl.

Der Wind lockt viele Kite-Surfer an den Strand von Pärnu.
31. Juli: von Pärnu nach Cvetciems, 89 km

Wir haben uns entschlossen, die direkte Route der Küste entlang zu fahren, obwohl gemäss Auskunft von Nordwärts-Fahrenden ein grosser Teil auf der Hauptstrasse A1 auf teilweise dürftigen Radstreifen zu fahren ist.

Schöne Kirche noch auf estnischem Boden.

Wir legen die ersten 30 Kilometer auf der A1, der «Via Baltica», in raschem Tempo zurück und geniessen die nächsten 30 auf Nebenstrassen umso mehr. In Ikla überqueren wir die Grenze nach Lettland ?? und kommen nach Ainazi.

Wir überqueren wieder einmal eine Grenze auf dem Velo und nicht auf der Fähre…

In Ainazi finden wir im Touri-Büro viele Informationen zum Radfahren in Lettland und erfahren, dass es Alternativ-Routen zur A1 gibt, die teilweise zwar temporär, aber immerhin vorhanden sind. Die Beschriftung ist bereits gut und wir folgen der Route auf schönen Waldwegen. Kaum haben wir das Lob über die schönen Wege ausgesprochen und uns gewundert, warum niemand sonst diese Route fährt, als der Weg sandig und unbefahrbar wird. Wir stossen, steigen wieder auf und kämpfen uns wie durch Schnee durch den Sand, doch der Weg ist mit dem vielen Gepäck sehr beschwerlich. Das Stossen verursacht zusätzlich noch Rückenschmerzen und wir verlassen den Weg und bahnen uns durch frisch gemähte Wiesen den Weg zur A1. Nun fahren wir wieder ganz gerne auf dem geschotterten Pannenstreifen…

Da begeisterte uns der Veloweg noch…

Lettland wirkt auf uns nicht viel anders als Estland. Die Sprache erinnert aber eher an Russisch (Estnisch ist dem Finnischen ähnlich) und überall plärrt das Radio. Auch für die Nase besteht ein Unterschied: Es riecht häufig nach verbranntem Plastik. Wahrscheinlich ist das Abfallmangement noch nicht entwickelt.

1. August: von Cvetciems nach Lilaste, 80 km

Zuerst können wir heute die alte Strasse benutzen, die meist ziemlich parallel zur A1 verläuft. Ein entgegenkommender Amerikaner warnt uns jedoch, dass diese bald endet.

Links die alte Strasse, welche als Veloweg dient und leider zu selten vorhanden ist.

Wir fahren somit bald wieder auf der Via Baltica. Nach wenigen Kilometern wagen wir erneut einen Loop. Der Schotterweg lässt sich gut befahren und wir pedalen direkt am Meer entlang.

Mit Blick auf die Ostsee treten wir kräftig in die Pedale.
Die Strände in Lettland sind auch wunderschön.

Motiviert von der schönen Route nehmen wir auch den nächsten Umweg in Angriff. Der Weg zeigt sich zuerst in gutem Zustand und wir freuen uns über die zurückgelegten 5000 Kilometer.

Dass es so viele Kilometer werden, hätten wir nie gedacht!

Bevor wir die A1 wieder erreichen, müssen wir aber wieder etwa 4 Kilometer Sandweg hinter uns bringen. Wir können zwar den grössten Teil fahren, der kleinste Schlenker führt jedoch dazu, dass wir die Spur verlieren und dann oft anhalten müssen. Anfahren im Sand ist mit dem Gepäck sehr anstrengend und manchmal gelingt es uns erst nach einigen Versuchen, den Lenker wieder gerade und in der Spur zu halten. Wir sind auf jeden Fall bald erschöpft und sogar froh, als wir den Lärm der A1 hören.

Wir pflügen uns durch den Sand.

Dort begegnen uns auch gleich wieder andere Tourenfahrer, die wir leider aufgrund des Verkehrs nicht nach ihren Erfahrungen fragen können.

Da ist wenig Platz vorhanden und kein Ort, um mit den entgegenkommenden Radler einen Schwatz zu halten.

Auf den «Umwegen» (teilweise eher «Unwegen») treffen wir leider nie Radler an. Wahrscheinlich sind wir die einzigen, die diesen Weg fahren.
Wie bereits in Estland treffen wir auch in Lettland viele Störche an, die sich oft auch durch Autos nicht aus der Ruhe bringen lassen. Nur sobald Martina den Fotoapparat zückt, fliegen sie davon.
Aufgrund der zusätzlichen und gleichzeitig anstrengenden Kilometern neben der A1 sind wir bereits in Saulkrasti ziemlich müde. Es beginnt zu regnen und die Dame im Touri-Büro nimmt uns den letzten Rest Motivation zu zelten, als sie uns von den eher widerlichen Zuständen auf dem Campingplatz berichtet. Kurzerhand buchen wir eine Last-Minute-Aktion in einem Hotel und geniessen ein Bett und ein eigenes Bad.

2. August: von Lilaste nach Jurmala, 58 km

Wir rechnen damit, dass wir heute noch ein gutes Stück auf der Via Baltica fahren und montieren unsere Leuchtwesten. Nach knapp 10 Kilometern weist uns das Navi daraufhin, dass es eine Alternative gibt. Wir weichen gerne aus – und müssen auch nicht mehr zurück! Bald schon erreichen wir die Stadtgrenze von Riga und können dort einen grossen Teil des Weges auf ausgeschilderten Velowegen fahren.

Unser Ziel Riga ist erreicht!

Wir durchqueren die ganze Stadt, da wir noch an den Strand von Jurmala wollen. Und für einmal ist uns das Wetter gnädig und nach einem regenreichen Morgen verwöhnt uns die Sonne. Der Strand ist wie aus dem Prospekt und wir geniessen den Nachmittag in und am Meer.

Am Strand von Jurmala scheint die Sonne.
Die hinkende Möwe hält brav still für das Foto…

Jurmala selbst ist eine Touristenhochburg, beherbergt aber auch viele alte, schön renovierte Häuser.

Eines der wunderbar restaurierten Häuser – im Gegensatz dazu hat es aber auch viele verlotterte Bauten.
3. August: von Jurmala nach Riga, 22 km

Wir legen die letzten Kilometer nach Riga zurück und geniessen unser grosses Appartment zusammen mit Greti, Ruedi, Manuel und Claude.

4. bis 8. August: Riga

Wir erkunden Riga und geniessen den Schweizer Besuch.

Über die Vanšu-Brücke fahren wir zuerst mit den Velos Richtung Jurmala und wieder zurück nach Riga. Hier gings mit dem Boot untendurch…
Mit einem kleinen Holzboot tuckern wir durch die Kanäle, welche in die Daugava münden.
Von der lettischen Nationalbibliothek geniessen wir den schönen Ausblick Richtung Altstadt. Leider konnten wir nicht in das oberste Stockwerk gelangen.

Wir müssen uns aber auch neu organisieren, die Saccochen werden mit dem Rucksack getauscht und viel Gepäck und die Velos treten zusammen mit dem Besuch den Heimweg an. Wir sind erstaunt, wie voll die Rucksäcke trotzdem werden, obwohl das ganze Zeltmaterial wegfällt.