Von Stockholm nach Helsinki

29. Juni: mit der Fähre von Stockholm nach Mariehamn

Wir haben auf der Homepage gelesen, dass das Boarding der Fahrzeuge eine Stunde vor Abfahrt der Fähre (7.10 Uhr) schliesst. So stehen wir bereits nach 5 Uhr bereit, kaufen unsere Tickets und warten. Die riesige Fähre wird auf komplizierte Weise und sehr langsam beladen und wir sind die letzten, die aufs Boot dürfen. Zum Glück ist es auf der Fähre warm; es dauert einige Zeit, bis wir die kalten Glieder aufgewärmt haben.
Die «Baltic Princess» umkurvt nun in gemächlichem Tempo die Schäreninseln. Wir geniessen die ruhige Fahrt und die schöne Aussicht auf die Inseln und nutzen auch gerne das Wifi für die Weiterplanung. Diese ist sehr herausfordernd, da jeweils nur wenige Fähren pro Tag die Inseln verbinden.

Die Baltic Princess sichten wir am nächsten Tag vom Land aus.

Nach 6 Stunden landen wir auf den finnischen Åland-Inseln.  Die Menschen sprechen hier Schwedisch und wir können das Geschriebene immer noch meist verstehen. Die Ålander orientieren sich stark an Schweden und geniessen ihre Autonomie von Finnland.

Die Flagge von Åland: Sie kombiniert die schwedische Fahne mit dem alten finnischen Wappen. Dieses bestand aus einem roten Schild, worauf ein goldener Löwe zu sehen war.
30. Juni: von Mariehamn nach Snäckö, 47 km

Den Routenplaner mussten wir für heute auf die Wanderkarte umstellen, da er für Velofahrten seltsamerweise kein Kartenmaterial zur Verfügung hatte. Wir hüpfen von Schäre zu Schäre und besuchen die Inseln Lemland, Lumparland, Föglö, Snäckö und viele Mini-Inseln.

Der Weg führt über viele Inseln.

Wir überqueren viele Brücken und Dämme und nehmen zweimal die Fähre. Diese muss sogar einmal telefonisch angemeldet werden und stoppt schliesslich nur für uns. Da sich die Fähranlegestellen meist abseits der Zivilisation befinden und keine Infrastruktur haben, kochen wir uns den Kaffee selber.

Die Fähre hält wegen uns und der Fährenschlund öffnet sich. Trotz des Halteservices bezahlen wir für die Überfahrt nichts.

Die Überfahrten zwischen den Inseln sind trotz des starken Windes sehr ruhig. Da wir nicht auf dem offenen Meer fahren, können sich keine grossen Wellen bilden.

1. Juli: von Snäckö nach Brändö, 24 km

Der Wochenend-Fährenfahrplan zwingt uns zu entschleunigen. Wir radeln gegen Mittag los und geniessen am Fähranleger die Sonne. Da wir auch heute nicht vom Startpunkt der Fähre mitfahren, lassen uns die Fähraufseher wieder gratis mitfahren.

Elche sehen wir leider keine mehr, es wird aber regelmässig vor Kollisionen gewarnt.
Die farbigen Hütten stehen in schönem Kontrast zum blauen Meer.
Das Wasser lädt zum Baden ein – leider kommen wir immer noch kaum ins Schwitzen und es ist meist kühl.
Da wir viel Zeit zum Kochen haben gibt es heute ein reichhaltiges Dal Bhat mit Chappati.
2. Juli: von Brändo nach Mussalo, 36 km

Wir passen uns wieder dem Fahrplan an und starten erst gegen Mittag. Der leichte Nieselregen kühlt uns auf der kurzen Fahrt aus und wir sind froh um das geheizte Wartehäuschen am Fährterminal. Es hat sogar eine Steckdose, an der wir wieder einmal Strom zapfen können. Unser Solarpanel produziert aufgrund der Bewölkung nur wenig Strom.
Die Fähre können wir immer noch mit dem Ticket vom ersten Tag bestreiten…

Die Möwen versuchen dem Fischotter den Fisch zu entreissen.
Grau in Grau…

Die Abzweigung zum Campingplatz ist nur mit einem Caravan-Club-Schild markiert und lässt uns daran zweifeln, ob wir hier mit dem Zelt übernachten dürfen oder ob es sich nur um einen Wohnwagen-Stellplatz handelt. Die drei Kilometer erscheinen uns unglaublich lang und wir diskutieren bereits Alternativen. Alle Sorgen sind jedoch unbegründet und die Begrüssung sehr herzlich. Wir können uns einen wunderschönen Platz auf einem Felsen aussuchen. Die Kälte kompensieren wir mit Saunagängen; Martina hat bereits nach einem genug, Ursula geniesst die Hitze und das erfrischende Bad im Meer über lange Zeit.

Die schöne Sauna liegt direkt am Wasser. Die Benutzerinnen füllen regelmässig Holz nach und schütten Wasser über die heissen Steine.
3. Juli: von Mussalo nach Turku, 63 km

Mit einer Fähre und über viele Brücken geht es weiter über die Schären. Auch in Finnland liegen die Häuser teilweise weit auseinander, die Briefkästen müssen jedoch gesammelt an der Strasse stehen.

Alles hat seine Ordnung und der Briefträger muss nicht zu jedem Haus fahren.

Je näher wir Turku kommen, desto breiter werden die Strassen und desto grösser das Verkehrsaufkommen. Zumindest haben wir streckenweise einen eigenen Fahrstreifen. So fahren wir einmal auf einem Streifen zwischen zwei Schnellstrassen, während zusätzlich ein übler Geruch von verwestem Fisch herrscht. Wir vermissen bereits die schönen Wege der vergangenen Wochen und stellen uns auf Finnland ein. Wir erleben die Finnen als sehr hilfsbereit. Im Vergleich zu Schweden scheinen uns ihre Englischkentnisse eher bescheiden und sie helfen uns mit Gesten, Mimik und Smartphone-Bildern weiter.

4. Juli: Turku

Turku ist offiziell zweisprachig. Dies ist sehr praktisch, da die meisten Schilder und Beschreibungen somit auch auf Schwedisch formuliert sind. Die junge, kompetente Frau im Toristenzentrum erläutert, dass dies auch in den weiteren Dörfern und Städten auf unserem Weg der Fall sein wird. Für alle Orte gibt es zudem einen finnischen und einen schwedischen Namen. Dies erkärt nun auch unsere Schwierigkeiten bei der Routenplanung, da wir bestimmte Orte nicht finden konnten… Weiter hören wir, dass in Finnland ein Helmobligatorium für Fahrradfahrende gilt, eine Missachtung wird jedoch nicht gebüsst.

Unser Ruhetag in Turku (Finnisch) oder Åbo (Schwedisch) ist geprägt von Nieselregen und maximalen 12 Grad Celsius. Wir machen einen langen Stadtrundgang und als es uns zu kalt wird, ziehen wir uns in die Shoppingzentren zurück. Überall sind preisgünstige Lounas zu haben (Mittagsmenus inkl. Salat und heissem Getränk) und mit vollem Magen lässt sich auch die Kälte besser ertragen.

Der Dom von Turku
5. Juli: von Turku nach Vuohensaari, 62 km

Wir fahren auf dem finnischen Fernradweg, haben die Route aber glücklicherweise im Navi gespeichert. Der Weg ist nämlich praktisch nie markiert, die Strassen aber weitgehend gut und angenehm befahrbar. Seit langem begegnen wir wieder einmal einigen Tourenfahrern. Durch ganz Schweden hindurch haben wir kaum welche getroffen.

Wir passieren immer wieder Bauernhöfe und kleine Weiler.

Leider sind auf unserem Zeltplatz keine weiteren Velofahrer, mit denen wir uns austauschen könnten. Dafür füllt sich das kleine Restaurant ab 18 Uhr mit Menschen. Viele Taxis und ein Car chauffieren die mehrheitlich eher alten Leute auf den Zeltplatz. Wir erfahren, dass heute das Sommertheater stattfindet und hören schliesslich der Musik vom Zelt aus zu. Am nächsten Tag sehen wir auch in anderen Dörfern Schilder, die für ein «kesäteatteri» werben.

Der Zeltplatz liegt an schöner Lage am See.
6. Juli: von Vuohensaari nach Ekenäs, 83 km

Der Weg und das Wetter demotivieren uns fast den ganzen Tag. Letzteres verschlechtert sich, sobald wir Sonnencrème eingerieben haben. Entgegen der Voraussage ziehen dicke Wolken auf und es beginnt zu regnen. Auch die Temperatur sinkt und sogar Heissblütlerin Martina fährt den ganzen Nachmittag in Regenkleidern.

Schon bald nach unserem Start ziehen die dunklen Wolken auf.

Der Sommer ist definitiv noch nicht eingezogen. Auch die Einheimischen klagen über das Wetter und die Vegetation erinnert uns stark an den Start vor 10 Wochen: Der Raps blüht, die Tannen treiben…

Der Raps blüht erst jetzt überall.

Der «Fernradweg» führt uns oft auf die Schnellstrasse ohne Radstreifen. Wir sind jedes Mal erleichtert, wenn wir die Schnellstrasse verlassen können, auch wenn wir teilweise nach einigen Kilomtern Schlaufe nur wenige hundert Meter später wieder auf die Strasse treffen. Die Pisten neben der Schnellstrasse sind jedoch oft gewellt und so machen auch die Abfahrten keine Freude. Und solche hat es neben den vielen Steigungen heute zahlreiche…

Lastwagen und Autos überholen uns mit 100 km/h – wir finden’s nicht lustig.

Unsere Motivation erreicht den Tiefpunkt, als wir an einem frisch überfahrenen Eichhörnchen vorbeiradeln. Auch die Velos scheinen nicht motiviert; Martinas Velo klirrt neu, wenn es regnet und Ursulas Velo knarzt nun dauernd.
Wir sind froh, als wir endlich Ekenäs erreichen und geniessen die heisse Dusche. Trotz Wollsocken, drei Kleiderschichten und Regenjacke wird uns jedoch bald wieder kalt und wir kriechen in unsere Schlafsäcke.

7. Juli: von Ekenäs nach Inkoo, 64 km

Am Morgen scheint die Sonne und in der Küche des Campingplatzes hat es noch Kaffeepulver. Wir erbetteln einen Filter und brauen einen starken Kaffee. Die Sonne scheint genau zwischen den Bäumen durch auf unser Zelt und wir fühlen uns wieder besser. Vor der Weiterfahrt besuchen wir noch Ekenäs. Hier spricht die Mehrheit schwedisch, aus diesem Grund ist der offizielle Name auch der schwediche (finnisch: Tammisaari). Auch bei allen Wegweisern ist die Reihenfolge umgekehrt und wir fahren nun in Richtung «Helsingfors – Helsinki».

Endlich scheint wieder einmal die Sonne!

Die Pisten mit ihren Wellen und Löchern empfinden wir heute nicht mehr als so schlimm und auf der Schnellstrasse hat es einen Pannenstreifen – oder ist es ein Veloweg?
In Snappertuna fahren wir an einer Siedlung mit alten Häuser vorbei – ein Haus erinnert Martina ans Stöckli und sie will es fotografieren.

Dieses alte finnische Haus, das den Dienstleuten als Sommerhaus diente, hat eine Laube wie das Stöckli.

Ein  junger Finne bietet uns daraufhin eine Führung durch die verschiedenen historischen Bauten an. Er weiss viel und lässt uns an seinem Wissen teilhaben. Finnland feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen; das Land erlangte die Unabhängigkeit schliesslich von Russland, das Finnland im Jahr 1700 von den Schweden eroberte. Er erzählt uns auch, dass seine Grosseltern ausschliesslich Schwedisch sprechen und sich aber trotzdem als Finnen fühlen.

Das kleine Dorf Snappertuna hat auch eine schöne Kirche.
Da Zeltplätze rar sind, schlafen wir diese Nacht in einem kleinen Sommerhäuschen.
8. Juli: von Inkoo nach Helsinki, 63 km

Der Weg ist endlich wieder einmal etwas flacher als die letzen Tage und wir radeln auf schönen Wegen der finnischen Hauptstadt zu.

In Masala erreichen wir dn Kilometerstand von 4000.

Die letzten Kilometer vor Helsinki fahren wir über Stock und Stein dem Meer entlang. Wir schleppen das Velo über Felsenabsätze und über glitschige Rampen und die Navigation ist eher schwierig. Immer wieder treffen wir auf kleine Sand- oder Felsstrände, wo die Helsinkier das schöne Wetter geniessen.

Kleine Strände laden zum Baden ein, für die Einheimischen ist es nie zu kalt.

Wir konnten somit die verschiedensten Arten von finnischen Radwegen kennenlernen und freuen uns auf unsere kleine Airbnb-Wohnung.

Bevor wir in Helsinki einradeln gibt es noch einen letzten Verpflegungsstopp.
9. und 10. Juli: Helsinki

Wir geniessen zwei wunderschöne Tage in Helsinki. In der Stadt hat es viele kleine Einbuchtungen des Meeres und somit viele Uferzonen, die zum Flanieren und Kaffeetrinken einladen. Die Planung der Weiterreise verschieben wir auf die nächsten Tage (mit schlechter Vorhersage) und erkunden die Stadt zu Fuss und per Velo.

Senatspaltz und Dom von Helsiniki – Alex II bietet den Möwen einen Rastplatz…

Am Hafen ist einiges los!
Im Hafen hat es kleine aber auch sehr grosse Schiffe.
Die Uspenski Kathedrale erinnert daran, dass Finnland auch einmal unter russicher Herrschaft war.
In der Markthalle ist es sehr ruhig und wir stöbern in aller Ruhe durch die Gänge.