1. bis 5. September: Peking
Wir geniessen den letzten Tag und die letzte Nacht in der Transsibirischen Eisenbahn, während sich draussen die Landschaft verändert. Je weiter wir gegen Osten fahren, desto saftiger wird das Grün. Jedes Fleckchen Erde wird bebaut, und wir freuen uns auf all das frische Obst und Gemüse. Kaum tauchen die ersten Städte auf, sichten wir grosszügige Radstreifen, auf denen Velos und Roller fahren.
Peking selbst ist ganz anders als wir erwartet haben. Zum Beispiel:
- Der Verkehr ist überhaupt nicht chaotisch sondern geregelt, neben den Radstreifen hat es ein breites Trottoir und wir können Teile der Stadt gut zu Fuss besichtigen.
- Die Strassen sind sehr sauber, die Pärke und Wegränder gepflegt.
- Es gibt keine knatternden Motorräder sondern praktisch nur Elektroroller.
- Die Metro ist nicht überfüllt, Billete können wir am Automaten lösen und die verschiedenen Ausgänge sind gut beschriftet.
- Die Angaben (Strassen, Haltestellen) sind auf Pinyin beschriftet. Diese Lautsprache wird mit lateinischen Buchstaben geschrieben und so kommen wir mit der gängigen Stadtkarte zurecht.
- Die Bevölkerung erleben wir als sehr hilfsbereit. So werden wir auf der Suche nach einem Bankomat bis vor den Automaten begleitet. Die Leute sind auch sehr einfallsreich in der Kommunikation und signalisieren uns mit lustigen Gesichtsausdrücken, wenn ein bestelltes Gericht scharf ist. Auch die Übersetzungsapps auf den Smartphone erleichtern die Kommunikation und wir erhalten manchmal lustige, oft aber sehr genaue Antworten auf unsere Fragen.
- Wir treffen auch keine Chinesen an, die im Restaurant auf den Boden spucken, wie dies Martina in Tibet erlebt und für ganz China befürchtet hat.
Aber natürlich kommt es auch vor, dass von uns horrende Preise verlangt werden. Wir zeigen dann jeweils unser Erstaunen und handeln einen uns passenden Preis aus.
Das Essen ist wie erwartet unglaublich schmackhaft. Wir wählen irgendein Restaurant, in dem viele Leute essen aus, zeigen auf ein Bild und erhalten die feinsten Menus. Die Portionen sind meist gross, sofern wir nicht in den für westliche Touristen gedachten Restaurants essen.















Auf einem Tagesausflug besichtigen wir die Grosse Mauer bei Simatai. Wie versprochen werden wir mit dem Kleinbuss im Hostel abgeholt, nachher werden wir umgeladen und können nach rund zwei Stunden mit einem grossen Reisecar starten. Im Car will uns der Guide unbedingt Seilbahnkarten verkaufen, da er befürchtet, dass wir Auf- und Abstieg nicht meistern. Mit der Unterstützung von anderen Mitreisenden erreichen wir, dass wir beide Wege wandern können.
Der Mauerabschnitt beeindruckt uns und auch die Anzahl Besucher ist trotz Wochenende angenehm. Die Mauer scheint für die Chinesen etwas Besonderes und beinahe heilig. Wir beobachten, wie Zigarettenasche und Kinderurin in Petflaschen gesammelt werden. Hier in China pinkeln die Kinder ansonsten irgendwohin, sobald sie ein Bedürfnis verspüren: in einen Abfallkübel, auf die Strasse, in den See oder in die schön gepflegte Blumenrabatte. Kleinkinder tragen oft ausserdem Hosen, die hinten geöffnet sind, damit auch dem grossen Geschäft nichts im Wege steht.




5. bis 7. September: Guilin
Nach einer 11-stündigen Zugreise treffen wir am Abend in Guilin ein. Der Zug ist äusserst komfortabel und erreicht Geschwindigkeiten bis zu 300 km/h. Unser Hotel ist ein absolutes Bijou und wir freuen uns einmal mehr über die Booking-Plattform, welche uns immer wieder schöne Unterkünfte beschert. Am nächsten Tag besichtigen wir die Stadt und suchen eine SIM-Karte für unser Smartphone, was ganz schön viel Zeit in Anspruch nimmt…



7. bis 10. September: Yangshuo
Dieser Ort hat sich völlig dem Tourismus verschrieben und ist entsprechend busy. Glücklicherweise befindet sich unsere Unterkunft etwas ausserhalb und wir können die wirklich einmalige Landschaft mit Fahrradtouren und Wanderunge ausgiebig bewundern.












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10. bis 13. September: Dazhai
Wir besuchen die Reisterrassen von Longji (chin.: Drachenrücken). Die agronomischen Meisterwerke beeindrucken uns und viele weitere Besucher. Die «Touristen», die in China reisen, sind mehrheitlich Einheimische und westliche Reisende hat es im Verhältnis dazu eher wenige. Die Chinesen scheinen einen reibungslosen Ablauf ihrer Ferien zu schätzen, und Busse und Züge sind bestens organisiert und pünktlich.









Von unserem Hotelzimmer aus haben wir einen guten Blick auf das Dorfleben. In Dazhai leben vor allem Yao, eine ethnische Minderheit, deren Frauen die Haare nie schneiden. Mütter tragen die Haare in einem dicken Bürzi über der Stirn, verheiratete Frauen ohne Kinder drehen die Haare wie einen Turban auf dem Kopf und unverheiratete kleiden sich mit rosafarbigen Oberteilen.

13. bis 16. September: Chengyang
Heute reisen wir zusammen mit den Yao-Frauen im lokalen Bus nach Longshen. Der Bus ist für einmal ohne Klimaanlage und wir geniessen den frischen Fahrtwind. Das Gefährt ist ziemlich alt und tuckert langsam den Berg hinunter. Hier hat es viele kleine Passionsfrucht-Plantagen, doch überall hängen bereits Früchte und wir sichten keine einzige Blüte.
Nach zweimal Umsteigen kommen wir nach Sanjiang, wo wir den Bus nach Chengyang suchen. Dieser fährt an einem anderen Ort, doch wir verstehen die Richtungsangaben nicht. Als uns ein Taxifahrer seine Dienste aufdrängen will, führt uns eine junge Frau kurzerhand zum Busbahnhof. Wir freuen uns sehr über den hilfreichen Service und haben zum Glück noch etwas Schokolade als Dankeschön im Gepäck. Die junge Frau strahlt über das ganze Gesicht und scheint sehr stolz über ihren Dienst.
Die Region um Chenyang ist berühmt für die acht Wind- und Wasserbrücken und der Tourismus boomt auch hier. Der Umgang ist aber noch immer sehr ländlich – man kennt und grüsst sich und auch wir werden beim Wandern oft gegrüsst. Die Menschen gehören der Dong-Minderheit an und wir erleben sie als sehr herzlich und offen.





Nachdem Martina die Nacht über der Toilettenschüssel verbracht hat und sich im Hotel ausruht, unternimmt Ursula einen Spaziergang in die Umgebung.

Nachdem sich Martina einigermassen erholt hat, werden wir von einer Dong-Frau zu einer Teezeremonie eingeladen. Der Grüntee wirkt sehr beruhigend auf unsere Mägen und wir kaufen ihr ein bisschen Tee ab.

Da wir uns noch nicht sehr fit fühlen, bleiben wir noch einen Tag länger im Dorf und schauen den Frauen beim Pflücken des Tees zu. Heute Freitag hat es mehr Touristen; die Chinesen reisen am Wochenende viel und üben sich auch gerne im Karaoke-Gesang.
In den acht Dörfern um die Brücken wird viel gebaut und wir klettern über viele Sandhaufen, die für die Betonmischung vorbereitet sind. Als Soundkulisse begleitet uns das Geräusch des Tackers, wenn die Holzbretter mit Bostitchen befestigt werden.

Doch nicht nur Häuser werden gebaut. An vielen Stellen ist während der Regenmonate der Hang auf die Strasse gerutscht und muss befestigt werden. Die Strassen werden oft in den zuvor bewachsenen Hang gebaut und lassen diesen kahl zurück. Starke Erosion ist die Folge und die Hänge werden meist nur befestigt, wenn Bauten betroffen sind. Ansonsten wird oft nur die Erde abgetragen und das Problem verschoben.
16. bis 18. September: Zhaoxing
Wir besuchen Zhaoxing, das bis vor einigen Jahren ein kleines Dong-Dorf war. Der nahe Bahnhof des Hochgeschwindigkeitszuges hat das Dorf aber für die Touristen leicht zugänglich gemacht. Auch wir profitieren von der Haltestelle und fahren statt drei Stunden Bus nur zwanzig Minuten im Zug. Im Erdgeschoss der traditionellen Häuser finden sich zwar nun viele Restaurants und Souvenir-Shops, die Atmosphäre ist jedoch immer noch sehr gemütlich.










Überall hängen frisch gefärbte Tücher. Die blaue Indigo-Färbung wird oft mit Batik-Mustern versehen. Die dunkelrote Farbe riechen wir von weitem, da diese aus Schweineblut besteht.

Wir unternehmen eine kleine Wanderung, die aufgrund der Steigung und des heissen Wetters schliesslich einige Stunden dauert. Wir durchsteigen viele Reisterrassen und beobachten die Bauern beim Ernten und Dreschen des Reises.







18. bis 20. September: nochmals Guilin
Nach kurzer und angenehmer Reise erreichen wir Guilin wieder, wo wir in das anonyme Grossstadtleben eintauchen.






20. bis 25. September: Kunming
Zum letzten Mal geniessen wir den komfortablen Zug in China und reisen in acht Stunden nach Kunming. Die Stadt liegt auf knapp 2000 Metern über Meer und die Temperaturen sind markant tiefer. Der strömende Regen verstärkt die Frische noch und wir geniessen die Wärme der gemütlichen Cafés, die sich hier etabliert haben. Diese servieren sehr feinen Kaffee und wir kommen sogar in den Genuss von frisch gebackenem, knusprigen Brot – zum ersten Mal seit zwei Monaten.
Als wir gegen Mittag den Yuantong-Tempel besuchen, treffen wir viele Menschen, die Reis essen an. Wir suchen den Ursprung und werden sofort angeleitet. Das vegetarische Mahl schmeckt wunderbar.





Im Hostel machen wir Bekanntschaft mit Adeline und ihrer Mutter. Die Familie renoviert ihre neu gekaufte Wohnung und logiert während dieser Zeit im Schlafsaal des Hostels. Adeline spricht perfekt französisch; wir können uns leider nur ihren «französischen» Namen merken. Viele Chinesen geben sich einen Namen in der Sprache, in der sie mit Ausländern sprechen.
Wir unterhalten uns oft mit ihr und vereinbaren ein gemeinsames Abendessen. Davon können wir nur profitieren, da wir sowohl die Übersetzung des Menus und die Empfehlungen bekommen, als auch die Rechnung bereits heimlich bezahlt wird, obwohl wir darauf bestanden, diese zu begleichen. Unsere Einwände stossen auf Granit, was für uns nicht ganz einfach ist, da wir mitbekommen haben, dass die Familie sonst sehr sparsam lebt.





25. bis 29. September: Jinghong
Die neunstündige Busfahrt ist wider Erwarten angenehm. Niemand raucht im Bus und die Pausen sind ausgewogen. Es hat zwei Fahrer, die sich abwechseln. Beide übertreten die signalisierte Geschwindigkeit nicht und fahren gleichmässig auf den gut ausgebauten Strassen. Einzig die vornehme Dame vor uns spuckt regelmässig auf den Boden…
Jinghong mutet bereits sehr südostasiatisch an. Auch die Schriftzeichen werden hier durch diejenigen der Minderheit «Dai» ergänzt (Würmli-Schrift).












Wir besuchen den tropischen Blumen- und Pflanzengarten und erfreuen uns ob all der Früchte. Verschiedene Sorten werden hier gepflegt und bewahrt.



Unser Hostel befindet sich über einer «Tagesstätte». Die Kinder sind zwischen drei und sechs Jahre alt und werden alle morgens gebracht und abends genau um 17 Uhr abgeholt. Die Eltern stellen sich dabei artig und geduldig in drei Reihen auf, um ihre Lieblinge abzuholen. Die Ein-Kind-Politik wurde zwar in den letzten Jahren auf zwei Kinder erweitert, die Eltern verwöhnen und behüten ihre Schützlinge aber unglaublich. Wir beobachteten, wie die Helikopter-Eltern ihre Kinder und Jugendliche von der Schule abholten, was zu einem regelrechten Verkehrsstau führte. Uns erstaunt es sehr, dass auch Teenager den Weg nach Hause nicht alleine zurücklegen müssen (dürfen) und ein Eltern- oder Grosselternteil mit Velo, Moped, Elektroscooter, Smart oder Offroader vorfährt.
Munter unterwäx in China
Wir haben in China vor allem Grossstädte und touristische Hotspots besucht. An diese Orte zu reisen war sehr einfach und überhaupt nicht anstrengend. Wenn immer möglich, haben wir den Zug genommen. Entgegen vieler Informationen im Internet ist es einfach, ein Billett zu kaufen und den richtigen Zug zu finden. Wichtig dabei ist nur, dass man sich Zugsnummer und Zeit aufschreibt, da selten jemand englisch spricht, und immer den Pass zur Hand hat. Die Chinesen benützen auch die arabischen Ziffern und so können Bus- und Zugnummern einfach gelesen oder mitgeteilt werden. Diese Informationen lassen sich einfach unter travelchinaguide.com nachschauen.
Die Chinesen haben wir als sehr hilfsbereit erlebt, auf der Strasse aber praktisch nie Menschen getroffen, die englisch sprechen. Die Kommunikation war somit nicht immer leicht, doch mithilfe des Reiseführers, in dem die Strassen und Sehenswürdigkeiten auf Chinesisch gedruckt waren, einer Übersetzungsapp und viel Improvisation haben wir fast alles gefunden und viele leckere Sachen gegessen (wobei wir oft nicht wussten, was in der Schüssel lag).
Übernachtet haben wir fast immer in Hostels. Dort sprechen die meisten Angestellten englisch und wir erhielten auch wertvolle Tipps für die Reise. Die Hostels sind meist billig, wir haben zwischen 15 und 70 Franken (nur Peking) für ein Doppelzimmer mit Bad bezahlt, und mehrheitlich auch gemäss unserem Massstab sehr sauber. In den Hostels haben wir auch einige Chinesen getroffen, die englisch oder sogar französisch sprachen.
Das Internet ist stark zensiert und viele VPN funktionieren nicht – wie auch unserer. Wir hatten aber Glück und ein Waadtländer Tüftler brachte ihn zum Laufen. Es ginge aber auch ohne, die Suchmaschinen-Infos sind zwar beschränkt, wir erhielten aber auch ohne VPN Mails, konnten Zeitungen lesen und skypen. Da alle Google-Dienste unterdrückt werden, funktioniert beim Android-Smartphone natürlich auch Google-Play nicht.
Entgegen unseren Erwartungen trinken die Chinesen nicht nur Tee sondern auch feinen Kaffee. Neben internationalen Ketten (Starbucks und Caffè Bene, Südkorea) gibt es Restaurants und Hostels, die eine Kaffeemaschine haben und diese auch bedienen. Der Preis für eine Tasse ist verhältnismässig hoch, so 2.50 bis 3.00 sFr. Was ungefähr dem Preis von 2 grossen Töpfen mit Nudelsuppe entspricht.
Wir profitierten aber gerne von diesem Service, tranken daneben aber auch viel Tee und kauften uns eine Tee-Flasche wie sie von den Chinesen ständig herumgetragen wird.